Alle wollen was von mir, sogar meine Frau

Vor einiger Zeit erhielt ich eine E-Mail eines Lesers. Er bat mich konkret um Rat und ich finde seine Frage so interessant, dass ich daraus gerne einen eigenen Blogartikel machen möchte.

Der Leser ist natürlich damit einverstanden, dass ich euch davon berichte. Seinen Namen und seine Daten werde ich jedoch ändern. Du siehst also jetzt eine wahre Geschichte mit fast fiktiven Personen:

„Hallo Benjamin,

ich brauche mal deinen Rat.
Ich bin verheiratet und habe drei Kinder im Alter von 9 J, 6 J und 1 J.  Meine Frau ist aktuell in Elternzeit, ist aber ansonsten in Teilzeit berufstätig. Ich selber bin Manager in einem großen deutschen Unternehmen und Hauptverdiener in unserer Familie. Trotz zunehmenden beruflichen Druck und Stress, liebe ich meinen Job, der für mich nicht nur Job, sondern auch Berufung ist.

Und natürlich steht meine Familie an erster Stelle !

In meiner Rolle als Projektmanager kann ich natürlich nicht immer nach 8 Stunden Feierabend machen. Allerdings erlaubt mir mein Arbeitsvertrag durch die Vertrauensarbeitszeit, eine gewisse Flexibilität, sodass ich auch mal einen Teil Abends zu Hause oder am Wochenende erledigen kann, wenn ich früher zu Hause gebraucht werde. Dies ist z.B. dienstags und freitags, wenn unsere Tochter zum Tanzen muss und ich auf den Rest aufpasse.

Vor und nach der Arbeit versuche ich meine Frau, so viel es geht, beim Haushalt und den Kindern zu entlasten.

Morgens die Kinder aus dem Bett holen und für die Schule startklar machen, staubsaugen, wischen, aufräumen, einkaufen, Junior wickeln, Baden und ins Bettbringen (Paparitual) und vieles mehr, alles kein Thema für mich. Die Kinder versuche ich so viel wie es geht, dabei einzubinden bzw. mitzunehmen, damit meine Frau auch einmal Zeit für sich hat bzw. in Ruhe Dinge erledigen kann.

Nur leider bleibe ich wohl irgendwie auf der Strecke.

Ich hatte gerade 10 Tage Urlaub.  Wir sind dieses Jahr wegen dem Junior (1 J) nicht weggefahren, sondern zuhause geblieben. Leider bin ich überhaupt nicht erholt. Der zunehmende berufliche und private Stress bringt mich an meine persönlichen Grenzen. Ich weiß, Kinder sind stressig und ich möchte tagsüber mit meiner Frau auch nicht tauschen (Hut ab vor Müttern, das ist ein Full-Time-Job), aber die Belastung in meinem Beruf bzw. in Summe ist nicht außer Acht zu lassen.

Meine Frau war natürlich froh, dass ich im Urlaub zuhause war und somit durfe ich viel Zeit mit den Kindern nachholen („kümmern“), während Sie sich zurückziehen konnte. Und dann trifft mich auch noch voll die fehlende Struktur zu Hause, die ich auf der Arbeit lebe. An der Einführung einer Grundstruktur (z.B. Wochenkochplan) zu Hause bin ich leider bisher gescheitert, zu Hause wird in den Tag gelebt und das stresst mich noch mehr.

Seit der Geburt unseres letzten Sohnes habe ich nicht mehr ausgeschlafen. Auch am Wochenende oder im Urlaub Mittags mal hinlegen, kann ich an einer Hand abzählen. Wenn Junior geschlafen hat, wurde schnell der Haushalt gemacht (wir mögen es halt gerne ordentlich). Ich weiß, dass all diese Dinge zu Kindern und Familie dazu gehören. Aber auf mich wirkt es so, dass sobald ich zuhause bin ,meine Frau frei hat und ich mich um den Rest kümmern soll.

Ja, ich mache das gerne, ich weiß ja auch wie stressig die Kinder sind, aber irgendwann ist auch mal mein Akku leer. Naja und dann beklagt sich meine Frau auch noch über die fehlende Zeit zu zweit, wenn wir beide dann abends, nachdem die Kinder im Land der Träume sind, um 21 Uhr erschöpft im Bett liegen.

Kannst du uns vielleicht einen guten Rat geben?

Viele Grüße, Hans“

Die von Hans beschriebene Situation kann ich sehr gut nachvollziehen. Auf der einen Seite will er seine Frau entlasten, auf der anderen Seite braucht er aber auch Zeit um sich selbst zu regenerieren.
Ich selber habe es lange Zeit ähnlich erlebt. Beim Nachmittag für Paare haben wir dies in einer Männerrunde angesprochen und festgestellt, dass es fast allen so ging.

Kennst du das auch? Was gegen Stress zu Hause hilft.

Noch mehr Hilfen für das Zeitmanagement von Vätern findest du in meinem Buch:

Folgende Dinge helfen mir und ich hoffe, dass du von meinen Erfahrungen profitieren kannst:

1)  Sprich das Thema bei deiner Frau gegenüber offen an. Sie muss wissen wie es dir geht, damit auch sie entgegenkommen kann.

2)  Nimm dir deine Eigenzeit zur Erholung bevor du nachhause kommst. Ich gehe zum Beispiel noch 30 Minuten spazieren, bevor ich nachhause gehe. Denn wenn du zuhause bist, ist es schwer der Frau und noch schwerer den Kindern zu vermitteln, dass man keine Zeit hat, gerade wenn man nicht feste Arbeitszeiten hat, kann  niemand wissen wann du zuhause sein müsstest.

3)  Nimm dir einen Abend in der Woche Zeit für dich mit deiner Frau um euch in Ruhe zu unterhalten. Nicht nur Organisationsfragen sollten dabei eine Rolle spielen. Wichtiger ist es sich regelmäßig über die eigenen Gefühle auszutauschen. Am einfachsten ist es, wenn ihr einen festen Abend der Woche dafür nehmt. Bei uns ist das der Montag.

4)  Handle mit einer Frau aus, dass jeder von euch einmal pro Woche einen Abend für sich selbst frei hat. Dieser Abend kann alleine oder mit den eigenen Freunden verbracht werden.

5)  Von der Arbeit bin ich feste Strukturen und Abläufe gewöhnt. Zuhause sieht das ganz anders aus. Ich fand es lange Zeit schwierig, dass meine Frau erwartete, dass ich sehe was alles zu tun ist. Aber woher soll ich wissen, dass zum Beispiel eine Lampe defekt ist. Bitte deine Frau deshalb um eine konkrete Liste mit Dingen, die du bitte in den nächsten Tagen erledigen sollst. So können ihre Erwartungen in der Struktur, die du von der Arbeit kennst, erfüllt werden.
Wir machen es so, dass meine Frau mir in einem  dafür angelegten Projekt im Todoist Aufgaben direkt in meine Tu-Do-Liste schreiben kann.

Mehr Zeitmanagement Methoden für Väter gibt es hier

Newsletter

Trage deine E-Mail ein und erhalte meinen Newsletter. Kostet keinen Cent, nur deine E-Mail-Adresse. Austragen ist in jeder Mail möglich.

2 Kommentare

  • Sehr gutes Thema, wichtig geworden ist mir der eine freie Abend in der Woche, klappt prima ?
    Mittlerweile kann ich auch individuell meiner Frau Bescheid geben , wenn sich der Freie Abend verändert, denn ich muss auch ein wenig Lust haben auf Entspannung.
    Mir tut Saunagang und den Abend lesen in den Sauna Pausen richtig gut.

    Wichtig aber auch die Zweisamkeit, der Sex mit der Partnerin ist wie unbewusster Trost für den Mann , es baut sehr auf, auch wenn Trost nicht unbedingt das richtige Wort für den einen oder anderen ist.
    Nun ja und natürlich die Komunikation, die sollte nicht leiden, den das ist für mich der Anfang allen Übels.
    Wir haben durch die wenige gemeinsame Zeit ein Buch mit leeren Seoiten angeschafft, wo wird schöne Sachen oder auch mal Dinge von der Seele lassen können , die der Partner dann
    in Ruhe lesen, nachempfinden und darüber zur gewissen Zeit austauschen lässt.
  • Hallo Will,

    vielen Dank für deine wertvolle Ergänzung. Das Buch gefällt mir besonders gut. So etwas hatten wir auch mal. Sollten wir mal wieder rausholen ... Wie Übergibt ihr das Buch? Wir haben es immer dem anderen auf den Schreibtisch gelegt.

    viele Grüße Benjamin

Was denkst du?

..